March 29, 2022

Entmystifizierung des Megatrends: New Work

Die Welt der Arbeit verändert sich. Neue Technologien, neue Arbeitsweisen und eine neue Einstellung zur Arbeit bringen die Art und Weise, wie wir bisher gearbeitet haben, durcheinander. New Work ist angekommen.

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Megatrend New Work. Bei der New Work-Bewegung geht es darum, eine Welt zu schaffen, in der die Arbeit sinnvoller, erfüllender und nachhaltiger ist. Aber was bedeutet das eigentlich? Und wie schaffen wir den Übergang zu New Work? In diesem Artikel erfahren Sie, worum es bei New Work geht und erörtern einige der Herausforderungen, die mit diesem Umstieg verbunden sind. Sind Sie bereit, sich der Revolution von New Work anzuschließen?

Was ist New Work?

New Work steht für einen fundamentalen Wandel in der Arbeitswelt. Dieses alternative Arbeitsmodell hat der Sozialphilosoph und Anthropologe Frithjof Bergmann bereits in den 1970er-Jahren entwickelt und wurde in den frühen 1980er-Jahren bei General Motors in der amerikanischen Stadt Flint erstmalig angewandt. 

Bergmann hat 2019 New Work wie folgt beschrieben: “New Work ist eine andere Art, Arbeit zu organisieren. Die Absicht ist, Arbeit so zu organisieren, dass sie nichts ­Gezwungenes ist, sondern man Arbeit tut, die man wirklich, wirklich will. [...] Nicht Spaß, sondern wirklich, wirklich wollen – das ist ein großer Unterschied. Man kann mit allen möglichen Dingen Spaß haben, aber das ist nicht das, was ich meine. Mir geht es um das wirkliche Streben.”

New Work ist also mit den Themen Identität, Zweck und Sinnhaftigkeit verbunden. Außerdem soll Arbeit laut Bergmann in erster Linie dem Menschen dienen und nicht der Mensch der Arbeit. Der Mensch rückt in den Mittelpunkt und damit soll die unternehmenseigene Gestaltungskraft des oder der Einzelnen gefördert werden. Das setzt Energien und Potenziale bei Menschen frei, die vollständig in ihrer Arbeit aufgehen können. Und dies ist natürlich der beste Nährboden für Kreativität, Innovation und damit auch Zukunftsfähigkeit einer Organisation.

New Work im 21. Jahrhundert

Frithjof Bergmann bezeichnete damals New Work als „zukunftsweisende und sinnstiftende Arbeit“. Damals praktisch sozialutopisch, bekam New Work fast 30 Jahre später mit dem Beginn der digitalen Transformation und schließlich im Zuge der Pandemie die maximale Aufmerksamkeit und Zuspruch. Auch, wenn viele Menschen eine unterschiedliche Vorstellung davon haben, was New Work letztlich bedeutet. 

Das ist auch verständlich, da es nicht die “eine Definition” von New Work gibt. Doch allein die Arbeit aus dem Homeoffice als New Work zu bezeichnen, das hat das weitblickende Konzept nicht verdient. Bergmann kritisierte auch Teile der aktuellen Auslegung seiner Idee – viele verstehen New Work als etwas, was die Arbeit ein wenig reizvoller macht. Bergmann bezeichnete dies in der Vergangenheit auch mal in seiner typischen Art als „Lohnarbeit im Minirock“. 

Bergmanns Urkonzept stützt sich auf drei Säulen: Freiheit, Selbstbestimmtheit und Gemeinschaft. Der Psychologe Markus Väth entwickelte Bergmanns Theorie weiter (New Work Charta) auf den folgenden fünf Prinzipien:

  1. Freiheit
  2. Selbstverantwortung
  3. Sinn
  4. Entwicklung
  5. Soziale Verantwortung

(Abb. 1: Markus Väth – New Work)

In diesen fünf Prinzipien finden sich alle Themen von Bergmann wieder und wurden um die aktuellen Themen Entwicklung und soziale Verantwortung erweitert. Im Bereich Entwicklung steht das Lernen im Mittelpunkt, während in Zeiten des Klimawandels klar die Nachhaltigkeit im Zentrum der sozialen Verantwortung steht.

Im Zuge der digitalen Transformation und dem Wegfall vieler Tätigkeiten, die fortan Computer erledigen können, kam auch wieder die Frage nach dem Sinn einer Tätigkeit auf. Ganz im Sinne der New Work Philosophie rückt der Mensch wieder in den Mittelpunkt, während die Maschine immer fähiger wird, die Arbeit zu erledigen. New Work befasst sich hier mit der Frage, welche sinnvolle Aufgabe der Mensch in diesem Szenario in der Zukunft erfüllen soll.

New Work und Covid-19

Und dann kam die Pandemie. Diese beschleunigte die digitale Transformation und brachte eine Reihe von weiteren Fragen: Wie wollen wir in Zukunft zusammenarbeiten? Wie sieht ein moderner Arbeitsplatz aus? Wie organisiere ich mich selbst? Will ich mich überhaupt selbst organisieren? Wie erreiche ich eine Zusammenarbeit bei geografisch verteilten Mitarbeiter:innen? Welche Art von Organisationsstruktur benötigt mein Unternehmen? Und wie sieht moderne Führung aus?

Durch diese letzte Entwicklung sind die Themen, die mit New Work assoziiert werden, abermals angestiegen. Beispiele hierfür sind:

  • Unternehmenskultur
  • Selbstorganisation
  • New Leadership
  • Lernen
  • Vernetzung
  • flache Hierarchien (z. B. Holokratie)
  • Zusammenarbeit
  • Organisation
  • Modern Workplace
  • Arbeit 4.0
  • New Work Mindset

(Abb. 2: Dr. Kraus und Partner – New Work)

Herausforderungen von New Work

Was passiert also hier gerade? 

Eine Reihe von neuen Ansätzen und Methoden treffen auf alte und etablierte Systeme und Prozesse. All dies ist neu – für die Belegschaft, für die Organisation und auch das Umfeld. New Work kann wie viele neue Konzepte nicht einfach über bestehende gestülpt werden, in der Hoffnung, dass alles glattgeht. 

Das heißt, organisationale Rahmenbedingungen müssen grundsätzlich geschaffen werden, um New Work Raum zu geben. Das geht bei den Mitarbeiter:innen los über eine neue Art der Führung bis hin zur Struktur der Organisation. Weiterhin ist es auch für den oder die Einzelne:n oftmals kein leichtes Unterfangen.

Etwa beim Thema Homeoffice / Remote Work: Eine häufige Herausforderung besteht darin, das Gleichgewicht zwischen Arbeit und Privatleben zu halten. Mit der Möglichkeit, von überall aus zu arbeiten, kann es dazu führen, die ganze Zeit zu arbeiten. Das kann zu einem Burn-out und dem Gefühl führen, ständig im Einsatz zu sein. Eine weitere Herausforderung ist, dass Homeoffice und Remote Work isolierend wirken kann. Da immer mehr Menschen von zu Hause aus oder aus verschiedenen Teilen der Welt arbeiten, kann ein Gefühl der Isolation bei Mitarbeiter:innen entstehen. Und schließlich kann der Umstieg auf New Work auch stressig sein. Der ständige Wandel und die Ungewissheit führen zu einer Belastung, und es könnte auch schwierig sein, mit dem Tempo der Veränderungen Schritt zu halten. 

Eine entsprechende Vorbereitung der Mitarbeiter:innen setzt hier den Grundstein für die Einführung von New Work. Diese müssen dazu in der Lage sein, sich selbst zu reflektieren.

New Work needs Inner Work

New Work bedeutet also nicht, einfach nur Hierarchien aufzulösen und Führungsaufgaben neu zu verteilen. Die beiden Autorinnen Joana Breidenbach & Bettina Rollow beschreiben in ihrem Buch “New Work needs Inner Work”, welche innere Arbeit des Einzelnen für das Gelingen von New Work notwendig ist. Da äußere Strukturen an Bedeutung verlieren und schlicht wegfallen, ist es für die Teammitglieder wichtiger denn je, sich ihrer eigenen Bedürfnisse und Interessen bewusst zu sein und zu lernen, diese effektiv mit anderen zu kommunizieren. 

Denn Strukturen geben Menschen Halt. Sind Personen sich nicht klar über ihre Beziehung zur Arbeit und fehlen die alten Strukturen, wird das New Work Konzept nicht für sie funktionieren. New Work muss praktisch erst “gelernt” werden. Und das Unternehmen muss entsprechend Räume dafür schaffen. Bei der Selbstorganisation kommen eine Reihe von Softskills zum Einsatz, die nicht einfach in einem Wochenend-Seminar erlernt werden können. Die Geschwindigkeit der Transformation hängt also an den Mitarbeiter:innen, die am wenigsten über solche Fähigkeiten verfügen.

Am Anfang steht hierbei die Standortbestimmung. Das heißt: Wie ist die Ausgangssituation im Team? Die Autorinnen geben zum Beispiel das AQAL-Modell von Ken Wilber an, um die Standortbestimmung durchzuführen.

(Abb. 3: Ken Wilber – AQAL-Modell)

 

Äußere kollektive Strukturen (s. Strukturen & Prozesse) sind in traditionellen Unternehmen sehr ausgeprägt: Es gibt sowohl Regeln als auch klare Ansagen. Das mag zwar einige Mitarbeiter:innen verärgern, aber es ist nicht alles schlecht. Denn wie zuvor erwähnt, brauchen wir Menschen Orientierung und Sicherheit, und beides wird uns durch klare äußere Rahmenbedingungen gegeben.

Mit New Work werden diese äußeren Strukturen und damit auch die Sicherheit jedoch abgebaut. Nach dem Modell des dynamischen Gleichgewichts gilt: Je weniger ein äußerer Rahmen gegeben ist, desto mehr innere Sicherheit müssen wir uns aufbauen. 

Aber wie erlangen wir diese innere Sicherheit? Indem wir uns mit uns selbst auseinandersetzen, also wissen, wie es uns körperlich, geistig und psychisch geht. Auch der Dialog mit anderen hilft uns dabei. Dazu müssen wir wiederum die Bedürfnisse unseres Gegenübers verstehen und gleichzeitig auch unsere Position vertreten. Unsere individuelle innere Dimension (s. Mindset) sorgt hier also für das Gleichgewicht.

Das Thema “Inner Work” würde den Rahmen dieses Artikels sprengen und wir empfehlen die Lektüre des gleichnamigen Buches an dieser Stelle. Die Standortbestimmung ist auf jeden Fall der Startschuss für alle, die sich ernsthaft der Einführung von New Work Prinzipien in der eigenen Organisation vorstellen können.  

Fazit

Trotz vieler Herausforderungen werden sich New Work Konzepte durchsetzen oder sie haben es bereits getan. New Work ist natürlich eine neue aufregende und dynamische Art zu arbeiten. Doch hierbei geht es um weit mehr als nur um die physischen oder geografischen Veränderungen am Arbeitsplatz.

Es geht darum, die Art und Weise zu verändern, wie wir über Arbeit denken und wie wir mit unseren Kolleg:innen interagieren. Also das Verständnis, was wir als Menschen von der Arbeit erwarten und gleichzeitig unsere Fähigkeit, uns dabei selbst zu reflektieren. Stichwort “Inner Work”. New Work hat das Potenzial, unser Work-Life-Blending (Verschmelzen von Lebenswelt und Arbeitswelt) zu verbessern und eine stärker vernetzte und kollaborative Welt zu schaffen. Vor allem kommen wir als Mensch zurück zu den wichtigen Fragen, wie wir in Zukunft arbeiten wollen und was letztendlich unser Beitrag hiebei ist.

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